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Zum Jubiläum 100 Jahre BAUHAUS hat der Landschaftsverband Rheinland ein 304 Seiten starkes Buch mit dem Titel „Neues Bauen im Rheinland“ (ISBN 978-3-7319-0778-7) herausgegeben. Darin beschrieben die drei Autoren, Birgit Gropp, Dr. Marco Kieser und Sven Kuhrau, die Geschichte/n von Häusern, die während dieser Epoche im Rheinland errichtet wurden. Zwischen Beiträgen zu Gebäuden von Aachen bis Wuppertal findet Haus Haan auf den Seiten 182 und 183 wie folgt Erwähnung:

Am Rande von Grieth liegt auf dem Rheindamm eine lange unentdeckt gebliebene Perle des Neuen Bauens: das Privatwohnhaus des Ölmühlenbesitzers und Kaufmanns Ludwig Haan. Heute erscheint der Ort mit seinen 800 Einwohnern als malerisches Dörfchen, dem seine Geschichte als Schiffer- und Fischerort noch immer anzusehen ist. Von der geschäftigen Blütezeit der einstigen Hansestadt im 14. bis 17. Jahrhundert kündet die spätgotische Pfarrkirche Peter und Paul. In Sichtbeziehung zur Kirche und angrenzend an die kleinteilige Bebauung des historischen Stadtkerns, stellt das zweigeschossige, flach gedeckte Haus Haan schon durch ihre weiße Putzfassade einen überraschenden Anblick dar.

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Das annähernd dreieckige, sich zum Rhein hin verjüngende Grundstück ist geschickt genutzt; der rückwärtige Teil des aus drei versetzten und in der Höhe gestaffelten Kuben bestehenden Hauses grenzt im Nordwesten an ein Lagergebäude der ehemaligen Ölmühle, während es sich nach Osten durch den runden Erker im Erdgeschoss optisch verschmälert. Über dem Erker liegt im Obergeschoss ein ebenfalls abgerundeter Balkon mit ursprünglich wohl in maritimem Blau gestrichenem Geländer. Der südlich an der Straßenfront liegende Eingang und das Treppenhaus mit rundem Bullaugen-Fenster befinden sich im höchsten Baukörper, der Assoziationen an die Kommandobrücke eines Dampfers weckt – wo lägen die im Neuen Bauen so beliebten Schiffsmotive näher als an diesem Ort? Auch im Grundriss ist das Wohnhaus ganz auf den Rhein bezogen: Das übereck gestellte Fensterband im Speisezimmer ermöglicht ebenso wie das große Erkerfenster des angrenzenden Herrenzimmers einen ungehinderten Ausblick in die Rheinebene.

Einzelstück? So wie das Haus Haan im Kontext der Griether Architektur ein Solitär ist, so fällt es auch im Werk von Mathieu Janssen aus dem Rahmen: Der 1880 geborene, vorwiegend in Goch und Kleve tätige Architekt, Entrepreneur, Erfinder und Schatzsucher hat nach eigenen Angaben über 400 Wohnhäuser, öffentliche Bauten und Fabriken in der Region geplant. Er bediente sich meist einer traditionellen Formensprache und legte zugleich Wert auf zeitgemäße funktionale und hygienische Standards – ein Haus Janssens im Internationalen Stil ist allerdings nicht bekannt. Obgleich alle Pläne für das Haus am Griether Schifferdamm allein von Mathieu Janssen als Architekten unterzeichnet sind, stellt sich ein leiser Zweifel ein, ob nicht vielleicht doch ein anderer der Entwerfer des Hauses gewesen sein könnte. Und tatsächlich soll nach mündlicher Überlieferung durch die Ehefrau des Bauherrn, der möglicherweise selbst Beziehungen in Klever Künstlerkreise hatte, Alfons Mostertz aus Kleve der Architekt gewesen sein. Auf seinen Vorschlag hin seien für die Wände „Bauhaus-Tapeten“ verwendet worden. Auch die noch in den 1990er Jahren erhaltene Einbauküche sowie weitere Einrichtungsdetails dürften eher den Vorstellungen Mostertz‘ entsprochen haben. Möglicherweise hatte er sich als Mitarbeiter Janssens einen Namen gemacht, bevor er sich in Kleve als selbstständiger Architekt niederließ – und sich 1931 am Bleichenberg, unterhalb der Schwanenburg ein Wohnhaus baute, das durchaus Parallelen zur Griether Villa Haan aufwies. Das in den 1990er Jahren noch in ausgezeichnetem Zustand befindliche Haus ist heute aufgrund mangelnder Substanzpflege akut gefährdet.

(Veröffentlichung des Texts mit freundlicher Genehmigung des LVR, Hr. Dr. Marco Kieser)

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