Während des Winters war nicht wirklich Pause – auch wenn sich dies für Besucher vor Ort vermutlich so darzustellen schien. Es war die Zeit für weitere umfangreiche Recherchearbeiten zum Haus, seiner Geschichte und seinen Bewohnern. Neben der Beschaffung und Lektüre weiterer Fachbücher zum BAUHAUS konnten mit tatkräftiger Unterstützung des generell heimatgeschichtlich interessierten Hans-Wilfried Görden (Hönnepel) mehrere Fachdokumente und zahlreiche Fotos digitalisiert werden. Beim gemeinsamen Besuch im Archiv des Kreises Kleve (Geldern) Ende Februar ergaben sich weitere interessante Erkenntnisse – vor allem aus der „Calcarer Volkszeitung“.
Ebenfalls wurde eins der Türblätter der gesicherten und eingelagerten originalen Innentüren von Haus Haan zur Probe manuell von Lack befreit. Das erfreuliche Ergebnis dieser schweißtreibenden Arbeit: auf das Material schädigendere Strahlen oder Beizen kann erfreulicherweise verzichtet werden.

Auch wurden die Wintermonate dazu genutzt, nach historischen Baumaterialen zu suchen – mit Erfolg! So konnte in der Nähe von Emsdetten eine Anhängerladung sogenannter Solnhofener Platten, wie sie im Erd- bzw. Obergeschoss des Hauses verbaut sind bzw. waren, ausfindig gemacht werden, die von den Eigentümern erfreulicherweise recht behutsam geborgen worden waren. Vorhandene Abplatzer an ihren Rändern sind durch Besäumen auf der Nassschneideanlage beim das Sanierungsprojekt unterstützenden Naturstein Team Tripp in Bedburg-Hau erfreulicherweise kein Grund dieses hochwertige Material nicht erneut zu verwenden. Material-Recycling – nicht nur unter Umweltgesichtspunkten vorteilhaft!
Im Mai 2024 war es lang beschlossene Sache – die Josef-Lörks-Grundschule, Teil des Schulzentrums im Stadtzentrum von Kalkar, erscheint nicht mehr sanierungswürdig und sollte abgerissen werden. Dadurch ergab sich eine „Win-Win-Win-Situation“. Die seinerzeit verbauten Palisaden aus Recycling-Kunststoff konnten für ihr „nächstes Leben“ zurückgebaut werden. Dadurch wurden sie nicht zu Bauabfall, die Stadt sparte Rückbau- und Entsorgungskosten und in Grieth am Rhein konnte der recht steile Vorgarten von Haus Haan optisch anspruchsvoll gestaltet werden. Nach ihrer Zwischenlagerung auf dem Gelände Internationaler Pfadfinder-Treffpunkt Kalkar e.V. wurden die längten (150 cm) von ihnen in den tiefen Teil des Gartens verbracht und im Herbst 2024 zu ersten Reihe verbaut. Dabei wurde offensichtlich, wie schwierig und zeitaufwändig diese Arbeiten waren. Nicht nur musste jede einzelne Palisade in zwei Ausrichtungen lotrecht stehen, sondern auch an der exakten Stelle und in der exakten Höhe. Insbesondere ihre halbrunde Anordnung vor dem Erker / Balkon des Hauses war extrem herausfordernd, da es aufgrund des abschüssigen Geländes galt von einem zum nächsten Pfosten ein Höhenunterschied von knapp einem Zentimeter zu realisieren. Nach der Winterpause stand im Frühjahr 2025 als eine der ersten Aktionen der Bau weiterer drei Palisaden-Reihen an. Dazu wurden alle verfügbaren Palisaden nach Grieth verbracht und nach und nach in Betonfundamenten verbaut.
Immer schön der Reihe nach! Bevor das Gerüst aufgebaut werden konnte, musste die Abdichtung der Deckenplatte der beiden Kellerräume, die sich unterhalb des Vorplatzes von Haus Haan befinden, erneuert werden. Dazu wiederrum war zunächst die Sanierung des durch Wasser und Wurzelwerk geschädigte, architektonisch bedeutsame Hochbeet vor dem Haus erforderlich. Letzteres wurde zunächst fotografiert, kartografiert und entlang der Risse im Mauerwerk behutsam in Teile zerlegt wurde. Anschließend wurden alle Bruchkanten von Speisresten und Staub befreit, probehalber neu ausgerichtet und anschließend wieder zusammengebaut. Am Ende sah es wieder aus wie zuvor – nur war es nun auch wieder stabil.
Anschließend wurden alle vorhandenen Bitumenbahnen entfernt, Beton saniert und ergänzt sowie Anschlüsse zwischen den Bauteilen vorbereitet, ehe die gesamte Fläche vom Dachdeckermeisterbetrieb Lippes Bedachungen GmbH aus Kalkar neu abgedichtet wurde.
Dann, endlich, konnten an einem herrlich sonnigen Tag Anfang Mai die fleißigen Mitarbeiter der Firma Gerüstbau Peters aus Hasselt gleich mit zwei reichlich beladenen Fahrzeugen anrückten. Innerhalb von nur eineinhalb Arbeitstagen wurde das gesamte Haus allseitig fachmännisch eingerüstet – inkl. des stiltypischen Abdachs oberhalb der Haustür und des Erkers bzw. Balkons. Die Aussicht in die herrliche Natur genossen neben den Gerüstbauern auch alle anderen seither folgenden Gewerke. (Gerüst_01 bis Gerüst 05)
Durch das Gerüst war nun die erforderliche Voraussetzung für den Beginn der Sanierungsarbeiten am Flachdach gegeben. Nach der erforderlichen PAK-Analyse mussten die bis zu sechs Schichten Bitumen entfernt und das 1931 verbaute Geländer aus Wellgitter abgebaut werden. Nach Reparaturarbeiten an der Betonoberfläche konnte Bitumenvoranstrich aufgebracht und eine erste Lage Bitumen verklebt werden. Beeindruckende Qualität wies der seit dem Bau des Hauses zuverlässig arbeitende Abfluss auf; ein kunstvoll aus dickem Kupferblech gefertigter Trichter dessen Naht nicht nur genietet, sondern zudem auch verlötet war. Bedauerlicherweise konnte er nicht weiterverwendet werden.
Nachdem „die Bude“ zumindest oben wieder dicht war, ging’s an die nächste große Herausforderung, die Fassade. Es gibt zahlreiche Methoden, um Fassaden von Schmutz, Resten von Bewuchs (hier Efeu) und Farbschichten zu befreien. Grundsätzlich kommen mechanische (Strahlen mit Sand, Glasperlen, Eis oder Wasser), thermische (Abbrennen) oder chemische (Abbeizen) Verfahren zum Einsatz. Alle haben ihre spezifischen Stärken und Schwächen und sind daher mehr oder weniger für das jeweilige Objekt geeignet. Am umweltschonendsten ist das Strahlen mittels Wasser unter Hochdruck. Dankenswerterweise stellte der Malermeisterbetrieb Peter und Josef Janßen Malerbetrieb GmbH aus Kleve hierzu seinen auf einem 3,7-t-Doppelachs-Anhänger bebauten Heißwasser-Hochdruckreiniger zur Verfügung. Dieser kann mittels der beiden Dieselaggregate Wasser im Durchfluss auf bis zu 100 °C erhitzen und mit einem Druck von bis zu 500 bar an der Lanze ausbringen. Somit ließen sich die „Efeu-Füßchen“ und verbliebenes Geäst ebenso gut entfernen, wie die verschiedenen Farbschichten auf der Fassade. Das abgestrahlte Material ließ sich – nach dem es getrocknet war – problemlos zusammenfegen und entsorgen. Die verschiedenen Metallteile, die über die Jahrzehnte zur Montage von Gitterbrüstung, Blendläden oder Isolatoren der ehemals oberirdisch Stromzuführung ins Mauerwerk eingebracht worden waren, wurden mittels Kernbohrungen behutsam ausgebaut.
Erfreulich rege bleibt weiterhin das Interesse an Haus Haan, diesem außergewöhnlichen Baudenkmal in der in diesem Jahr 775 Jahre Stadtrechte feiernden Hansestadt, Grieth am Rhein. Individualreisende und Fahrradfahrer informieren sich vor Ort im Schaukasten, geführte Gruppen werden fachkundig von Rudi Hellwig oder Willi Miesen detailliert über die Geschichte, Gegenwart (Sanierung) und Zukunft des Hauses informiert und auch geladene Gäste vom Förderverein Haus Haan e.V. erfahren viel Interessantes.